20. November 2019 – Die Sache mit dem Alter
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Eigene Kinder sind keine Garantie für ein soziales Netz – ich bin nicht die erste, die das schreibt, wir wissen es alle – und trotzdem halten sich diesbezügliche Ängste hartnäckig. Sie werden oft von denen geschürt, denen kinderlosen Menschen suspekt sind.
Die lassen auch gern den Aspekt ausser acht, dass es Kindern gegenüber nicht gerecht ist, sie als Altersversicherung zu instrumentalisieren.
Ich kenne einige alte Menschen, die sich einsam fühlen, obwohl sie Kinder haben. Und ich kenne solche, die mit ihren Kindern kaum Kontakt haben, sich aber dank ihres Freundeskreises aufgehoben und eingebettet fühlen.
Dafür, wie man sich im Alter fühlt, ist nicht der Umstand ausschlaggebend, ob man Kinder hat oder nicht, sondern wie man gelebt hat und noch lebt.
Wichtig ist das soziale Umfeld, das man sich selbst aktiv aufbaut all die Jahre. Und die Akzeptanz dessen, dass es einem Wandel unterworfen ist.
In der Kleinkinderphase verwässern besonders Frauenfreundschaften – allzu unterschiedlich sind die Dinge, die einen am meisten beschäftigen. Das ist oft hart. Denn vorher ist man gemeinsam durch dick und dünn gegangen und hatte viele gemeinsame Interessen. Und nun ist die Freundin auf einmal eine Mami, für die ihr Nachwuchs der Nabel der Welt ist. Das ist unbestritten ein Verlust und es erleichtert, diesen anzuerkennen und zu betrauern.
Tatsache ist: Alle Freundschaften wandeln sich. Manche vergehen, neue entstehen. Wenn man offen dafür ist, geschieht dies das ganze Leben lang.
Das bedeutet nicht, dass ich Freundschaften leichtfüssig aufgebe und durch neue ersetze. Ich schätze alte, gewachsene Freundschaften.
Damit sie auch nach Jahrzehnten noch wohl tun, braucht es die Bereitschaft zum Wandel. Fehlt diese, verhärtet man sich und das Band wird brüchig.
Ehrliche Gespräche über die Veränderungen erlauben es Freundinnen und Freunden, sich selbst treu zu bleiben trotz veränderter Bedürfnisse. Es nützt nichts, so zu tun, als wäre alles noch beim Alten.
Bereitschaft zum Wandel hält alte Freundschaften lebendig und beschert einem neue.
Davon bin ich überzeugt.
Deshalb mache ich mir keine Sorgen darüber, als OK-Frau eher der Gefahr von Alterseinsamkeit ausgesetzt zu sein.
Anstatt zum Sorgenmachen nutze ich diese Energie lieber, um Freundschaften über die Generationengrenze hinweg zu pflegen. Ich schätze Kontakte mit über 70- oder 80-Jährigen genaus so wie jene mit 30-Jährigen. Die Unterschiede sind bereichernd und wir können alle voneinander lernen.
Und seit einigen Jahren habe ich den Eindruck, dass ich als OK-Frau die besseren Voraussetzungen habe, meinen Freundeskreis zu pflegen und erneuern.
Das Leben ist wunderbar. Vorausgesetzt man möchte (oder kann) es so sehen. Das ist ein anderer, zentraler Aspekt: Wie definiere ich Einsamkeit? Wie wohl ist mir mit mir alleine? Und ist mir bewusst, dass alleine sein nicht zwingend einsam sein bedeutet?
Auch Reflektion darüber kann der Angst vor Alterseinsamkeit entgegenwirken.
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